02.05.2012 –
Win Win Situationen für Verkauf und Programm:
Ohneeinander geht es nicht, miteinander manchmal aber nicht wirklich gut. Konflikte zwischen Programm und Verkauf sind nach meiner Erfahrung eher die Regel als die Ausnahme. In den meisten Sendern siegt am Ende derjenige, der die Gehälter bezahlt – also der Verkauf. Und das Programm gibt zähneknirschend nach und sendet die x-te Sales Promotion, die die Programmleute meist eher nervt als erfreut. Oft aus verständlichen Gründen. Dabei könnte es miteinander doch so gut klappen – denn es gibt jede Menge Wege, Sales Promotions so zu gestalten, dass das Programm sich beim nächsten Mal über das aus dem Verkauf kommende Gewinnspiel freut.
Wenn eine Sales Promotion nämlich dasselbe tut, wie eine Major Promotion, sollte das für die Kollegen aus dem Programm nicht nur ein Grund zur Freude sein, sondern auch ein Anlass, diese Promotion noch besser und leidenschaftlicher als sonst zu verkaufen. Und wenn am Ende der Kunde wegen der besonders liebevollen Präsentation höchst zufrieden ist, sind alle glücklich.
Um das zu erreichen, hilft es schon, an einigen Faktoren zu schrauben, die die Aussage des Kunden nicht verwässern, die aber für das Programm einen strategischen Zusatznutzen bieten.
Für beide Seiten wichtig (Kunden und Programm) ist zunächst mal ein massenkompatibler Preis.
Logisch: je mehr Leute etwas mit dem ausgelobten Preis anfangen können, desto größer das Interesse und die Aufmerksamkeit der Hörer und desto größer wiederum die Bereitschaft – wichtig für das Programm – länger zu hören als sonst, um diesen Preis zu gewinnen oder zu einem anderen Zeitpunkt als sonst einzuschalten. Eine echte Win-Win-Situation… Am besten also einen Preis anbieten, der mit Bargeld vergleichbar ist, oder etwas, was (fast) jeder brauchen kann.
Strategische Zusatzeffekte schaffen kann man außerdem über die Spielmodi, die Dauer des Spiels oder die Aktionszeiten. Alles, was hilft, dass der Sender länger als sonst gehört, zu einem anderen Zeitpunkt als normalerweise eingeschaltet oder an mehreren Tagen hintereinander genutzt wird, hilft dem Programm zusätzlich.
Wenn also die Supermarktkette Einkaufsgutscheine verlosen will – ein massenkompatibler, attraktiver Preis – wäre es schön, wenn statt Fragespielen zum neuesten Sonderangebot für eine Packung Chips (das Sonderangebot kann man trotzdem kommunizieren , schick verpackt in einem Intro oder Outro), z.B. ein Spiel angeboten wird, das sich mühelos in das Programm und dessen Ziele einfügt, wie zum Beispiel den „8 Uhr – 08 Supermarkt-80er des Tages“. Jeden Tag um kurz nach 8 wird ein 80er-Jahre-Hit vorgestellt, läuft dieser vor 9, gewinnt der 8. Anrufer einen 80 Euro-Gutschein. Mit diesem Modus schlagen Sie drei Fliegen mit einer Klappe: für einen attraktiven Preis merkt man sich gerne die Einschaltzeit 8 Uhr 08. Für einen attraktiven Preis dieser Art bleibt man gerne 5 Minuten länger dran, um abzuwarten, ob man den Song nicht doch noch erwischt. Und mit der Penetration des „Super 80ers“ bedient unser Mustersender auch noch sein Image für die strategisch wichtigen Hits aus den 80ern. Das Ganze funktioniert mit allen Genres und Dekaden und kann jederzeit abgewandelt werden auf den „Supermarkt Siebziger um 7“ oder den „Supermarktsuperhit des Tages“.
Das wäre also ein Beispiel, das Wiedereinschaltungen fördert, die Hördauer um einige Minuten verlängern kann und etwas für ein Musikimage tut. Und die Promotion der neuesten Sonderangebote verpackt man in einem Element rund um das Gewinnspiel. So hat der Kunde die Aussage, die er möchte, der Sender einen strategischen Zusatzeffekt und der Verkäufer im besten Fall einen sehr zufriedenen Kunden. Win-Win-Win.
Einen strategischen Nutzen hat das Programm ja immer dann, wenn der Spielmodus ein musikalisches Image bedient, das der Sender gerade braucht.
Welches das ist, hat ein guter Programmchef der Verkaufsabteilung sowieso kommuniziert. So zumindest der Idealfall… Wenn nicht, dann hat die Programmabteilung in diesem Fall schlecht gearbeitet und muss zurück auf Los… Also Hausaufgaben machen und dem Verkauf kommunizieren, welche Images wichtig für den Sender sind und was die drei wichtigsten Dinge und größten Probleme für das Programm aktuell sind, wie z.B. „zu wenig Images für die besten neuen Hits“, „Sender wird als altbacken wahrgenommen“ oder „super Quoten am Morgen, stark nachlassende Hörerschaft am Tag“.
Auch bei letzterem Problem könnte ein Dreh in einer Sales Promotion dem Programm helfen – mit einer Aktion mit dem Ziel Hörerrecycling von Tagesteil A in Tagesteil B. Ein klasse Beispiel dafür ist die Reisepromotion, die ein Sender aus dem Süden regelmäßig vorbildlich spielt. Um kurz nach 7 gibt es eine Reise zu gewinnen, wenn man eine (schwierige) Frage zum Reiseziel beantworten kann. Ganz leicht wird die Antwort auf die Frage allerdings, wenn man am Vortag um kurz nach 17 Uhr den Beitrag zum Reiseziel gehört hat…. Der 7 Uhr Hörer wird aus der einschaltquotenstarken Morgensendung in die etwas schwächere 17 Uhr Stunde recycelt. Ein wunderbarer Trick, der allerdings nur bei wirklich attraktiven Preisen funktioniert. Gut denkbar ist aber sich auch eine Abwandlung dieses Modus für klassische Office Listening Promotions: man kann vormittags einen Preis für sein Kollegenteam gewinnen, wenn man am morgens um 8 Uhr 8 auf dem Weg zur Arbeit die neueste Ausgabe der „Kuriosen Geschichten aus dem Arbeitsleben“ gehört hat. Darin erfährt man z.B., dass sich 33% aller Ehepaare bei der Arbeit kennengelernt haben. Um 10 Uhr 10 wird gefragt, „wie viele Ehepaare lernen sich bei der Arbeit kennen?“, wer um 8 Uhr 8 zugehört hat, hat den Preis – z.B. eine Sandwich-Lieferung einer Bäckerei-Kette – quasi schon in der Tasche oder besser gesagt auf dem Schreibtisch.
Und auf eine ganz andere Art und Weise das Programm strategisch mit einer Sales Promotion unterstützen könnte man, wenn man einen Aktionsmodus wählt, der ein wichtiges Moderatorenimage bedient.
Vorbildliche Umsetzung einer Kundenanfrage bei BB Radio. Der Sender sollte die Premiere des Queen-Musicals „We Will Rock You“ in der besten Sendezeit – der Morningshow promoten. Die Umsetzung wurde an Persönlichkeits-Images des Anchors Marcus Kaiser aufgehängt. „Der Kaiser“ soll u.a. als sympathischer Familienpapa rüberkommen. Also machte man eine Art Karaoke mit seiner 5-jährigen Tochter. Die Kleine sang Queen Hits nach und wer erriet, um welchen Hit es sich handelt, konnte gewinnen. Super gemacht: den Moderator promoted, süßes Kind auf der Antenne, Aktion mit Spaß rübergebracht, Vorhaben des Verkaufs erfüllt. Alle sind glücklich. Win-Win-Situation für Programm und Verkauf.
Weiterer Vorschlag: warum sich nicht mal auf das Wochenende konzentrieren und die Kundenbotschaft zwei Wochen im Vorfeld im Teasing gut kommunizieren und am Wochenende mit einer aufmerksamkeitsstarken Aktion Hörer ins Programm schaufeln (z.B. ein „Wir spielen alles, was Sie wollen – Wochenende“ oder ein Wochenende – je nach Image mit den „250 größten Rockhits aller Zeiten“ oder „den coolsten Hits der 80er“) und dem Kunden ein ganzes Wochenende lang alle Showopener geben, die dann mit einer Werbebotschaft versehen werden. Das sind zwei Nennungen pro halbe Stunde an einer Position, die einerseits aufmerksamkeitsstark ist, andererseits das Programm aber nicht belastet, weil der Sendeplatz „Showopener“ ja sowieso aufgemacht wird und im „schlimmsten“ Fall einfach nur 15 Sekunden länger als sonst ist.
Und wenn beide Parteien der Zwangs-Ehe mehr und öfter kommunizieren, fallen beiden gemeinsam sicher noch eine ganze Menge anderer Modi und Ideen ein, die den Kunden glücklich machen und dem Programm einen Zusatznutzen bieten. Was für eine schöne heile Sender-Welt und bald ja vielleicht eine echte Liebesgeschichte statt einer Zwangs-Heirat…
Herzlichst,
Ihre Yvonne Malak
Erschienen am 02. Mai 2012 auf www.radiowoche.de.