01.03.2017 – Wir haben wieder mal Gewinnspiel-Hochsaison. Einige Spiele bringen einen echten Effekt, andere sind eine Geldverbrennungsmaschine.

Und dann gibt es noch die dritte Gruppe an Spielen, die zwar an sich effektiv sind, aber bei denen unnötig hohe Geldgewinne ausgelobt werden (Geld, das im Herbst dann vielleicht fehlt, wenn aufgrund unvorhergesehener Ereignisse eine „Kriegskasse“ notwendig wäre…).

Die Summen, die bei Radiogewinnspielen verschenkt werden, haben teilweise wahnwitzige Höhen erreicht. Stündlich 1.000 Euro, jeden Morgen 5.000 Euro, 10.000 Euro, 25.000 Euro, 50.000 Euro. All diese Summen sind/waren in der aktuellen Saison zu gewinnen und wurden teils mehrfach von den jeweiligen Sendern ausgelobt.

Natürlich gibt es darunter viele gute und sinnvolle Gewinnspiele. Ich will versuchen, die Kriterien für ein gutes Gewinnspiel hier aufzulisten.

Wann macht das Verlosen von großen Summen wirklich Sinn?

  • wenn das Spiel so interessant ist, dass WHK Hörer in P1s umgewandelt werden und der Sender diese auch nachhaltig halten kann, oder
  • wenn das Spiel so spannend ist und eine so interessante Story hat, dass ausreichend Hörer öfter, länger oder zu einem anderen Zeitpunkt als sonst hören, oder
  • wenn eine oder zwei (Recycling) wichtige Sendezeiten nachhaltig nach vorne gebracht werden und diese Sendezeiten auch um das Gewinnspiel herum attraktiv genug sind, um die Hörer auch weiter am Sender zu halten, oder
  • wenn die Gewinnchance so realistisch ist, dass mindestens(!) 5% der Hörer versuchen, mitzuspielen und damit die Ratings bewegen, weil sie für das Spiel öfter, länger oder zusätzlich zu einem anderen Zeitpunkt hören

Am wirkungsvollsten ist eine Promotion, die den Fokus auf ein für den Sender wichtiges Image legt, das durch die Aktion nachhaltig bewegt wird. Dann geht es um eine mittelfristige, anhaltende Wahrnehmung und nicht um kurzzeitiges Bewegen der Quote. Meiner Ansicht nach die beste Variante für eine Major Promotion. Übrigens braucht es dafür meist keine gigantischen Summen.

Die Frage lautet also: was gebe ich (Sendezeit, Geld, ggf. Man-Power) und was bekomme ich dafür?

Lohnt sich die Summe, die wir hier aufwenden wirklich (nachhaltig!)?

Und: ist die Sendezeit, die das Spiel braucht, auch wirklich so attraktiv mit den Inhalten des Spiels gefüllt, dass die Super- Comedy des Wettbewerbers oder der neue Song von Ed Sheeran nicht die bessere Wahl für den nicht- mitspielenden Hörer sind?

Welches Spiel wählt man?
Zunächst mal: das Rad kann nicht neu erfunden werden. Sie können Radio- und TV Gewinnspiele auf der ganzen Welt scannen und vergleichen: die nachhaltigen Gewinnspiele, die sich positiv auswirken und Wochen, Monate –  gar Jahre -tragen, funktionieren immer nach denselben Prinzipien.

Es sind entweder

  1. Spiele mit Spannungsbogen bzw. Mitratefaktor, oder es sind
  2. Spiele mit einer persönlichen Story und einem Schlüsselloch-Effekt, bei denen das Storytelling im Mittelpunkt steht, oder eben (siehe oben)
  3. Spiele bzw. Modi, die auf ein wichtiges Image einzahlen.

Beispiele für 1:
Quizformate mit oder ohne Lokal- oder Personality- Komponente (Bayern- Quiz (Antenne Bayern), „Wer schlägt John“ (Radio Hamburg), oder Klassiker wie „Das geheimnisvolle Geräusch“.

Beipiele für 2:
Rechnungen bezahlen (RTL), Gehalt verdoppeln (z.B. hitradio rt1), oder inhaltliche Promotions wie „So tickt Berlin- Brandenburg“ (BB Radio), Rekordjagd (Ostseewelle, Gong 96,3).

Beispiele für 3:
Alles rund um Musik wie die „Moneyhits“ oder rund um die Morningshow bzw. deren Protagonisten – das können auch Stunts sein wie „Wie mutig ist Hamburg“ oder Stunts mit einer starken lokalen Komponente (wie z.B. der Einsatz von BB Radio für die Jugendfeuerwehren oder die Vereine in Brandenburg).

Alles andere funktioniert höchstens kurzfristig oder bewegt zu wenige Menschen und  ist im schlimmsten Fall sogar ein Abschaltfaktor, weil langatmig, langweilig, nicht massenkompatibel oder gar nervig oder schädlich.

Also checken Sie:
Erfüllt Ihr Gewinnspiel wenigstens eines dieser Kriterien:

  • es bringt relevanten Imagegewinn für Musik, Entertainment bzw. eine relevante Personality, oder
  • es enthält interessantes Storytelling, oder
  • einen Spannungsbogen der über Wochen trägt

und eines dieser Kriterien:

  • es bringt WHK Konversion (gute Imagepromotions bringen diese automatisch), oder
  • TSL (bleiben Sie dabei realistisch, kaum jemand ändert für ein paar Euro sein Leben!)
  • es bringt einen Einschaltimpuls zur wichtigsten Sendezeit über mehrere Wochen, oder
  • einen relevanten Recyclingeffekt von einem zum nächsten Tagesteil

Das allerwichtigste ist allerdings in diesem Zusammenhang:
Selbst, wenn wir es schaffen, gigantische 30% unserer Hörer zum Mitmachen bei einem wirklich attraktiven Gewinnspiel zu bewegen, stehen dagegen immer noch 70% Nicht- Mitspieler.

Wir machen also alle Gewinnspiele immer hauptsächlich für diejenigen, die nicht mitmachen.

Heißt also: ein gutes Spiel muss also ein wichtiges wichtiges Image bewegen oder im weitesten Sinne unterhalten. Wenn beides nicht zutrifft, dann sollte es in jedem Fall ganz kurz abzuhandeln sein…

In diesem Sinne:
Viel Erfolg für Ihre Promotions,

Yvonne Malak

Erschienen am 01. März 2017 auf www.radiowoche.de.