17.01.2011 – Kein Sender macht Gewinnspiele, weil er gerne sein sauer verdientes Geld verschenken oder sein Programm mit einigen Spielrunden attraktiver machen möchte. Jeder professionell organisierte Sender verfolgt mit seinen Gewinnspiel-Aktionen einen Zweck, der in der Regel mit Einschaltquoten zu tun hat. Oft auch mit bestimmten zu erreichenden Images – aber auch diese sollen sich am Ende des Tages auf die Quoten auswirken. In diesen Tagen beginnt die aktuelle Periode der Einschaltquotenerhebung für die MA 2011/2 und damit beginnt von der Ostsee bis zum Starnberger See der Gewinnspielwahnsinn in deutschen Radiostationen. Aber nicht alle Gewinnspiele machen bei allen Sendern Sinn und nicht jeder Weg führt zum Erfolg.
Deshalb hier meine Top 10 Regeln zum Design der optimalen Major Promotion
1. Nicht auf jedem Sender macht jede Promotion Sinn.
Bevor Sie eine Promotion designen, fragen Sie sich: „Was braucht mein Sender?“ Musikimage? WHK Konversion – also die Umwandlung meines großen weitesten Hörerkreises in Stammhörer? Aufmerksamkeit für die Morningshow? Erst, wenn Sie diese Frage beantwortet haben, können Sie überhaupt anfangen, sich über einen Spielmodus Gedanken zu machen. Wichtig dabei ist auch, die Konkurrenz und deren aktuelle Ziele zu analysieren. Wenn die Konkurrenz Sie zum Beispiel mit massiver Promotion der „besten neuen Hits“ angreift, macht es wenig Sinn, mit einem Gewinnspiel zu kontern, bei dem man ein Geräusch erraten muss und dass soviel Platz auf dem Sender braucht, dass sie gar keine Gelegenheit mehr haben, Ihr Hit- Image zu promoten.
2. Als nächstes fragen Sie sich „Was tut diese Promotion für mein Senderimage?“.
Jede Promotion beeinflusst Ihr Image und das kann auch nach hinten losgehen! Wenn Sie ein konservativer Familiensender sind, macht es keinen Sinn, eine Brustvergrößerung zu verlosen. Sie haben damit sicher kurzzeitig Aufmerksamkeit und sind „Talk Of The Town“. Wenn Sie das Thema allerdings massiv promoten, fügen Sie sich einen Imageschaden zu, den zu korrigieren Sie eine Menge Kraft und Geld kosten wird. Alles schon passiert…
3. Als weitere Frage empfehle ich: „Bin ich überhaupt der Sender, der auch für seine Promotions/Gewinnspiele eingeschaltet wird?“.
Es gibt Märkte – vor allem in den großen Städten/Ballungsräumen – da ist ganz klar, welcher Sender für unterhaltsame und attraktive Gewinnspiele steht. Wenn das nicht IHR Sender ist, könnte es sein, dass Ihre Promotion entweder auf den Mitbewerber einzahlt oder Ihnen gar schadet, weil Sie eigentlich genau von den Hörern gehört werden, die von Gewinnspielen genervt sind (und das sind in einigen Märkten mittlerweile nicht zu verachtende Größenordnungen).
4. Wenn ja, „Wird dieses Gewinnspiel meinem Sender zugerechnet werden?“
Wenn Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten können, also wenn Sie definitiv sagen können „Ja, mein Sender ist in diesem Markt der Gewinnspielsender“, fragen Sie sich als nächstes: „Wird dieses Gewinnspiel meinem Sender zugerechnet werden?“. Wenn das Spiel „Wir bezahlen Ihre Rechnungen“ in den Vorjahren mehrmals bei Ihrem Mitbewerber gelaufen ist, macht es keinen Sinn, genau diese Promotion (wenn vielleicht auch mit einem anderen Wording) ins Programm zu nehmen. Es wird von einem nicht unerheblichen Teil Ihrer (WHK-) Hörer dem Mitbewerber zugerechnet werden und damit machen Sie Promotion für die Konkurrenz.
5. Achten Sie auf den Unterhaltungswert der Promotion,
denn Sie machen die Promotions immer für die, die NICHT mitspielen – das sind 70 – 99% Ihrer Hörer! Natürlich sollen Sie das Gewinnspiel nicht im Programm verstecken – aber übertreiben Sie dessen Präsenz auch nicht, denn nur ein Bruchteil der Hörer spielt tatsächlich mit und – wie bereits erwähnt – gibt es bei jedem Sender auch Hörer, die von Gewinnspielen tendenziell eher genervt sind. Wenn die Promotion keinen hohen Unterhaltungs- oder Mitratefaktor hat, achten Sie darauf, dass die einzelnen Breaks dazu sehr kurz sind.
6. Stellen Sie sicher, dass es Ihnen nicht schadet, als Gewinnspielsender wahrgenommen zu werden,
z.B. weil Sie gerade ein Musikproblem haben oder gar ein negatives Gewinnspielimage (übrigens können Promotions IHREM Sender auch dann schaden, wenn der Mitbewerber ein negatives Gewinnspielimage hat!!!) und stellen Sie sicher, dass neben dem Gewinnspiel noch genug Platz ist, die Dinge zu promoten, die langfristig Ihren Erfolg ausmachen und Hörerbindung herstellen. Wenn der Sender nur noch als Gewinnspielsender wahrgenommen wird und nicht mehr als unterhaltsames Produkt am Morgen und Sender für die beste und meiste Musik am Tag, kreieren Sie für Ihren Sender ein Image, das ihm langfristig schaden wird!
7. Wenn Ihr Mitbewerber der Player für die großen Geldsummen ist, machen Sie das Gegenteil.
Verschenken Sie kleine Geldsummen oder sympathische Preise wie Gutscheine für den Wochenendeinkauf – lieber zuverlässig und stündlich kleine Preise als eine Million einmal innerhalb von 10 Wochen.
8. Vergessen Sie kreative Preise oder Dinge von denen Sie GLAUBEN, dass die Hörer sich um sie reißen würden.
Aus dem Nähkästchen meiner persönlichen Erfahrung: ich war der festen Überzeugung, dass im Berlin- Brandenburger Markt Tickets für die Fußball WM in Deutschland – für Spiele im Berliner Olympiastadion – ein echter Straßenfeger werden müssten… waren sie leider nicht. Verlosen Sie am besten Geld. Oder Geld. Und wenn das nicht geht, bargeldähnliche Preise wie Gutscheine für Elektronikkaufhäuser, Warenhäuser oder von mir aus auch Supermärkte. Wenn SIE aber der Überzeugung sind, beispielsweise ein iPad wäre ein guter Preis, dann heißt das noch lange nicht, das dieser Preis wirklich mehrheitsfähig ist und Männer mit 45 genauso begeistert wie Frauen um die 20 – und zwar mehrheitlich!
9.Denken Sie auch an die Zeit nach dem Gewinnspiel.
Wenn alle Vorzeichen positiv sind (Ihr Sender ist der Gewinnspielsender, das geplante Spiel wird niemandem anders zugerechnet, Sie haben eine tolle Idee und 100.000 Euro zum Verlosen) denken Sie auch an die Zeit nach dem Gewinnspiel. Natürlich werden Sie die 10% oder 15% aus Ihrem WHK, die gewinnspielaffin sind, für die Zeit des Spiels zu Ihnen ziehen und kurzzeitig zu Stammhörern machen. Diese Hörer sind Sie aber auch sofort wieder los, wenn Sie das Gewinnspiel beenden! Dann zählen wieder die wahren Werte eines Senders: die richtige Musik und die Promotion dafür sowie eine unterhaltsame Morgensendung und alle anderen Kriterien wie Lokalbezug, Nachrichten und ansprechende Moderation.
10. Machen Sie mal was ganz anderes – kein Gewinnspiel!
Und wenn Sie alle Faktoren geprüft haben und immer noch nicht sicher sind, welches Gewinnspiel Ihrer Station wirklich nützt: machen Sie mal was ganz anderes – kein Gewinnspiel!
Und nutzen Sie die frei gewordenen Sendeplätze, um das zu promoten, was langfristig Ihren Erfolg ausmacht: Ihre Morningshow, Ihre Musik, Ihre Musik und Ihre Musik.
Ihre Yvonne Malak
Erschienen am 17. Januar 2011 auf www.radiowoche.de.