1.06.2017 – Unsere Hörer „müssen“ nichts. Sie „sollen“ auch nichts. Das mochten wir schließlich schon bei Mutti nicht: „du solltest mal…“, „du musst unbedingt“. „Meinen“ Moderatoren sage ich immer, wenn ich sie bei „Sie müssten“- oder „ihr solltet“- Moderationen erwische: streiche diese beiden Worte („müssen“ und „sollen“) aus deinem Moderations-Wortschatz. Für immer.
Apropos „müssen“ und „sollen“: alles was irgendwie an einen erhobenen Zeigefinger erinnert, hat in der Moderation nichts zu suchen. Nicht mal in einem Kinderradio. Wir sind ja nicht die oder der Supernanny. Moderationen à la „verschärfte Alkoholkontrollen am Wochenende, also schön die Finger vom Lenkrad lassen, wenn ihr was getrunken habt“, sind unsympathisch und schaden daher nur.
Genauso unsexy sind Aufforderungen aus der Rubrik: „Bleiben Sie dran“. Das ist ein Übrigbleibsel aus den 80ern und so was von old school… Wenn wir sagen „in 5 Minuten gewinnen Sie 10.000 Euro“, müssen wir nicht anschließend schlaumeiern „Also bleiben Sie dran“. Unsere Hörer schaffen diese Schlussfolgerung ganz alleine…
Der Floskelalarm schrillt auch bei Sätzen wie „das sollten Sie nicht verpassen“ oder „es ist wieder soweit“. Wer im Jahr 2017 Moderationen noch so beginnt oder beendet, sollte mit Mirkofonverbot nicht unter 15 Jahren bestraft werden (das gilt auch für Texte in der On Air Promotion…).
Überflüssig sind auch schulaufsatzartig ausformulierte Sätze im Service. In etwa wie: „Von Klein Knattersdorf bis Groß Knattersdorf gibt es heute immer wieder viele Wolken. Dazu erwarten uns Temperaturen bis zu 25 Grad. In der Nacht gibt es dann vereinzelt Regen und die Temperaturen sinken bis auf 12 Grad“.
Besser: „Von Klein Knatterdorf bis Groß Knattersdorf heute reichlich Wolken – Temperaturen tagsüber bis 25 Grad, nachts Regen und bis 12 Grad“.
Verben wegzulassen bzw. auf die Hilfsverben „haben“, „werden“, „sein“ ganz zu verzichten klingt knackiger und moderner. Das gilt auch im Verkehrsservice. Statt „Hier haben wir 3 km Stau“ Oder „Hier gibt es Behinderungen wegen eines umgestürzten LKW“. Besser „zwischen X und Y 3 km Stau und zwischen A und B Behinderungen wegen….“
Alle Formulierungen, die eine Art „Abwehrhaltung“ auslösen könnten, machen einen Moderator auch nicht gerade sympathisch. Also Sätze wie: „Bestimmt freuen Sie sich auch schon aufs Wochenende“. Bitte keine Unterstellungen. Worte wie „sicherlich“ oder „bestimmt“ lassen sich einfach ersetzen und machen aus einer Unterstellung die Ansprache einer bestimmten Gruppe („vielleicht“, „wenn…“).
Schwierig sind auch alle Sätze, die vom Gehirn Verrenkungen erfordern, also z.B. doppelte Verneinungen – ganz vorne steht dabei „nicht nur…sondern auch“. Ein einfaches „und“ macht es dem Gehirn leichter und klingt obendrein natürlicher.
Generell sind Verneinungen keine gute Idee. Oder besser formuliert: Verneinungen sind meist eine schlechte Idee. ( Siehe auch: http://blog.birkenbihl-sprachen.com/2013/03/bitte-nicht-lesen/)
Das Gehirn hat Schwierigkeiten, die Worte „nicht“ und „kein“ beim Nebenbei-Hören zu verarbeiten. Beispiel: „es gibt heute keinen Regen“. Das Gehirn hört in jedem Fall das Wort Regen! Besser also positive Formulierungen wie „heute bleibt es trocken“ – Das gilt unbedingt auch in der OAP. Einfaches Beispiel: statt „Keine Wiederholung in der Musik“ viel besser: „von…bis… ist unsere Musik wiederholungsfrei“. Statt: „Wir nerven Sie nicht mit Gewinnspielen“ Besser: „Bei uns genießen Sie die Musik gewinnspielfrei“.
Also:
„sollen“ und „müssen“ streichen, ebenso Sätze mit Floskelalarm. Verneinungen und Unterstellungen vermeiden. Im Service (V-Tipps. Wetter Verkehr) Hilfsverben weglassen und wann immer es geht positiv formulieren, um auf „nicht“ und „kein“ verzichten zu können.
Viel Spaß dabei!
Ihre
Yvonne Malak
Erschienen am 01. Juni 2017 auf www.radiowoche.de.