11.09.2006 – Lokalkompetenz beweisen, Verbundenheit mit der Region zeigen, akustisch demonstrieren, dass man sich in der Stadt auskennt, für die man sendet. Das finden die meisten Programmchefs in den meisten Formaten jenseits des Hot CHR wichtig und alle Moderatoren nicken verständnisvoll. Macht ja auch Sinn, dass man eine Sendung, die in Berlin produziert wird, nicht beliebig nach München beamen kann.

Tja, wie erzeugt man nun Lokalität, wie beweist man, dass man sich auskennt in der Stadt, für die man sendet? Und das alles ohne lange Beiträge, langweilige Veranstaltungshinweise oder lahme Interviews. Nur mit ein paar Ramps und ein paar Tricks. Ganz einfach:

Ich erzähle mal von einem Aircheck mit einer Moderatorin eines jungen Stadtsenders irgendwo im deutschprachigen Raum. Aircheck im Juni: „Und als ich am Samstag mit Freunden Kaffee trinken war, da habe ich…..“. Aircheck im Juli: „Bei dem schönen Wetter gestern, hab ich mich noch an den See gelegt und die Sonne genossen“. Fällt Ihnen was auf? Ja, Sie haben Recht. Es war schon mal gut, dass die Moderatorin eine transparente Person gezeigt hat, die das tut, was die Hörer ihres Senders auch tun: bei Sonnenschein abends am See liegen und am Wochenende mit Freunden Kaffee trinken. Dennoch gibt es dafür leider keine glatte 1.

Vielleicht denken Sie – Sie sind ja schließlich Profi – jetzt: „Ach nö, wie doof kann man sein? Das ist doch ganz einfach!“ Beobachten Sie aber trotzdem mal, ob Ihnen ähnliches nicht auch passiert. Ob Sie im Eifer des Gefechts nicht auch vergessen zu sagen: „Und als ich am Samstag mit Freunden in dem neuen Coffeeshop am Kudamm, Ecke Uhlandstraße war….“ Oder „…hab ich mich in der Nähe meiner Wohnung in Charlottenburg abends noch an den Lietzensee gelegt“. Ich finde, diese Kleinigkeiten machen es auf Dauer aus. Sagen Sie ruhig, dass Ihr Fitnessstudio am Olivaer Platz liegt, der Italiener Ihres Vertrauens an der Schöneberger Hauptstraße sein Restaurant hat und Ihre beste Freundin in der Martin- Luther- Straße wohnt, direkt am Eingang zum Volkspark Wilmersdorf. Ziehen Sie das durch und Sie zeigen, dass die Stadt Ihre Stadt ist, dass Sie sich auskennen, wie in Ihrer Westentasche. Und wenn Sie neu in einer Stadt sind: strengen Sie sich an! Nehmen Sie sich einen Stadtplan zur Hand. Wenn Sie zur Office Listening Zeit arbeiten, die Gelben Seiten. Ich habe einem Moderator mal den Tipp mit den Gelben Seiten gegeben. Der hatte Mörderspaß mit Moderationen wie „….für die Zahnarztpraxis in der Bismarckstraße in Maulbronn“. Die Sprechstundenhelferin dieser Praxis (und nicht nur die!) werden diesen Sender nie vergessen!

Erwischen Sie Ihre Hörer in ihrer wirklichen aktuellen Lebenssituation wie z.B. „Im Stau auf der A 10 zwischen Babelsberg und Kleinmachnow“, werden genau diese Hörer Sie nie wieder vergessen. So etwas ist – meiner Meinung nach – wertvoller als die schönste bunte Meldung. Die Kunst ist, EINEM Hörer oder einer kleinen Gruppe von Hörern das Gefühl zu geben, nur für ihn, für diese Gruppe, zu senden.

Für einen landesweiten Sender – das wissen Sie selbst – brauchen Sie eine ausführliche Karte. Erwähnen Sie im Wetter Orte, die ihren Namen nie in den Nachrichten hören. Großkleckersdorf und Kleinbellhofen werden’s Ihnen danken! Seien Sie kreativ, nutzen Sie alle Möglichkeiten, die sich Ihnen bieten, Ihr großes Sendegebiet ganz klein zu machen und sich selbst zu einem Moderator, der sich bestens im Sendegebiet auskennt: Straßenkarte, Landkarte, Stadtplan, Gelbe Seiten. Aber vergessen Sie bitte die Nummer mit den Veranstaltungstipps aus der Zeitung und den Meldungen wie „Im Stadtteil Johannis hat eine neue Bürgerberatungsstelle aufgemacht“. Das ist billig, das klingt unnatürlich und gewollt, das können Sie besser.

Nutzen Sie „Insiderbegriffe“ wie „auf dem 17. JunI“; statt korrekt: „Auf der Straße des 17. Juni“. Sprechen Sie im Wetter nicht vom Land Baden Württemberg, sondern nennen Sie Orte…“von A wie Aalen bis Z wie Zuffenhausen“. Eines meiner Lieblings- Verpackungs- Elemente ist 15 Jahre alt und stammt von 104.6 RTL: „…für Wilmersdorf, Marzahn und die Apotheke in der Innsbrucker Straße“. Klar machen so viele Details Arbeit. Aber dieser Sender hat mit dieser Liebe zum Detail vor 15 Jahren schnell die Herzen der Berliner erobert.

Und nun möchte ich Ihnen meine beiden Lieblingstricks verraten:

Nummer 1 ist echt ein – wie ich finde – raffinierter Tipp, der immer funktioniert.
Sie haben einen Hörer am Telefon und briefen ihn für das gleich folgende Gespräch, zum Beispiel einen Pay Off. Sie fragen den Hörer, wo er wohnt oder arbeitet. Angenommen der Hörer sagt: „ich wohne in Kerzendorf“, fragen Sie weiter: „Helfen Sie mir mal, wo genau liegt das? „Zwischen Berlin und Trebbin, direkt an der B 101“. Geht es dann on air oder in die Aufzeichnung glänzen Sie mit Ihrem neu erworbenen Wissen. Das Gespräch könnte dann so klingen: „Hallo Peter in Kerzendorf“, „Hallo Sabine“. Und Sie können dann sagen: „Sag mal, Kerzendorf – das liegt doch zwischen Berlin und Trebbin, direkt an der B 101?“ Ich hab den Trick selbst x mal angewendet und mindestens genau so oft weitergegeben. Es hat bislang immer funktioniert.

Nummer 2 hab ich mal bei einem Kollegen gehört.
Und der geht so wie folgt. Kollege zum Hörer: „Sag mal in Neubeeren, das gibt es doch diesen leckeren Bäcker an der Ecke, der diesen fantastischen Bienenstich macht“. Der Hörer ganz begeistert: „Ja, stimmt“. Ich war völlig von den intimen Ortskenntnissen meines Kollegen beeindruckt und bin in’s Sendestudio. Einfach nur um zu sagen:; „Das klang klasse, woher kennst Du Dich in Neubeeren so gut aus?“ Mein Kollege darauf: „Ich kenne mich da gar nicht aus. Aber in jedem Ort in der Region gibt es irgendeinen Bäcker an der Ecke!“

Ich bin sicher, wenn Sie drüber nachdenken, haben Sie bestimmt auch eine Idee, die mindestens genau so gut ist. Lassen Sie sie mich wissen. Man lernt nämlich nie aus!

Danke für Ihre Anregungen und für Sie wie immer: Viel Erfolg.

Ihre Yvonne Malak

Zuerst veröffentlicht am 11.09.2006 bei RADIOSZENE:
http://www.radioszene.de/news/myradio_mailbox_110906.htm