01.09.2023 – „Out of Home (ist) keine Unterbrechung des medialen Konsums von Inhalten, sondern gehört zum Stadtbild. Diese Form der Werbung wird ebenso als aktuell und relevant wie auch als informativ, wertig und verdeutlichend empfunden, wie die Aussagen der Probanden belegen – ‚Plakate sind die Ausstellungsstücke einer Stadt‘. Die hier werbenden Marken werden entsprechend als Teil dieser Ausstellung gesehen“. (Aus der Wirkungsstudie des FAW vom September 2022)

Was haben alle großen erfolgreichen Marken wie Coca Cola, Netto, Apple, Penny, Samsung, Lidl, Porsche, Aldi etc. gemeinsam? Sie machen dauerhaft Werbung, um Top of Mind in den Köpfen der Verbraucher zu bleiben. Von Coca-Cola gibt es bestimmt nicht jedes Jahr eine neue Geschichte zu erzählen, aber jedes Jahr neue Werbespots und Plakate. Lidl, Penny, Netto und Co bewerben wöchentlich ihre besten Angebote auf verschiedenen Wegen. Radio macht damit gute Umsätze.

Unser Außendienst betont bei seinen Kunden, dass Marken und Produkte permanent werben sollten, um im Gedächtnis der Verbraucher präsent zu bleiben. Je relevanter ein Produkt oder eine Marke im Kopf der Verbraucher ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Marke oder dieses Produkt beim nächsten Kauf gegenüber anderen Marken oder Produkten bevorzugt wird.

So weit, so logisch.

Auch ein Radiosender ist nichts weiter als eine Marke, ein Produkt.

Und – daran denken viele Radio-Verantwortliche offenbar nicht: wir konkurrieren mit allen anderen Produkten, die um die Aufmerksamkeit der Konsumenten buhlen.

Etwa 12.000 (!!!) Werbebotschaften verschiedenster Produkte kämpfen täglich darum, „Top of Mind“ für ihre jeweiligen Kategorien zu sein, zu bleiben oder es zu werden.

Ein kurzer Blick auf die aktuellsten MA- Daten: Die Radionutzung liegt nach wie vor bei 74,1 Prozent (14 -99 Jahre). Das bedeutet, dass drei von vier Deutschen täglich das Radio einschalten.

Die Verweildauer für Radio bleibt bei konstant 242 Minuten. In der Altersgruppe 30-49 beträgt sie 232 Minuten – fast vier Stunden täglich.

Natürlich gibt es auch die Schattenseiten: Die Einschaltquotenerhebungen zeigen nach und nach immer mehr Nutzung „anderer“ Audioprodukte – wir sehen das in Bayern in der FAB, im Radiotest in Österreich, in der MA- Audio.

DAB+, Aggregatoren und interessante Streams beanspruchen einen Teil des Zeitbudgets und der „Zeit-Kuchen“ wird nicht größer, sondern verteilt sich auf mehr Stücke.

12.000 Werbebotschaften täglich, die Beachtung finden wollen, und immer mehr Audio-Konkurrenz, die am Hörer-Zeitbudget knabbert: ist das nicht erst recht ein Grund, lauter auf sich aufmerksam zu machen? Ist es nicht genau jetzt angebracht, alles zu tun, um die eigene Marke „Top of Mind“ zu halten?

Und hier kommt der Punkt, den ich nicht verstehe: warum sparen so viele Verantwortliche ausgerechnet an der Außenwerbung? Die genannten Herausforderungen sind starke Argumente für Out of Home – oder etwa nicht? In fünf Jahren könnte es zu spät sein. Ein kleines Zeitfenster bleibt uns noch.

Ein geschätzter Kollege hat kürzlich eine sehr kluge Maßnahme ergriffen: Er hat sich den 2-Wochen (!!!) WHK „seines“ Senders über 10 Jahre ausrechnen lassen. Parallel hat er die Stundennettoreichweite dieser 10 Jahre in ein prozentuales Verhältnis zum WHK gesetzt. Hierbei handelt es sich um einen großen Sender im Hot-AC-Format in einem wettbewerbsintensiven Markt. Der Sender hat in der Vergangenheit sehr wenig in Außenwerbung investiert und daher an WHK eingebüßt.

Aber jetzt kommt der Clou: Der Sender hat seine Stundennettoreichweite im Wesentlichen gehalten (mal etwas rauf, mal rein paar Tausend runter, im Schnitt aber keine nennenswerte Veränderung). Aber… der WHK hat in diesen 10 Jahren deutlich abgenommen… das heißt… genau: Dieser Sender hat seine Performance in diesen schwierigen Zeiten verbessert! Er hat aus deutlich weniger WHK fast dieselbe Stundennettoreichweite gemacht.

Wie erfolgreich könnte dieser Sender sein, wenn noch Außen-Werbung dazu käme? Ich bin nach wie vor überzeugt: auch 2023 kann man mit einem „klassischen“ Hit-Format Hörer dazu gewinnen und profitabel arbeiten. Dass man sein Handwerk versteht, ist natürlich Grundvoraussetzung – aber dazu habe ich hier schon genug geschrieben…

Blicken wir nach Großbritannien auf die Website radiotoday.co.uk: „Für den kommerziellen Rundfunk hat die neueste RAJAR (Radio Joint Audience Research) Rekordzahlen für Global (26,7 Millionen), Bauer (Reichweite von 22,4 Millionen) und News Broadcast (Reichweite von 6,7 Millionen) geliefert. Tatsächlich hat der kommerzielle Rundfunk mit 38,7 Millionen Zuhörern pro Woche nun die höchste jemals verzeichnete Hörerschaft – sechs Millionen Hörer mehr als die BBC“.

Hier siehst du: Kommerzielles Radio in GB erreicht 54,4 Prozent Marktanteil, die BBC 43,2. https://www.rajar.co.uk/listening/quarterly_listening.php

Was will ich damit sagen? Wirtschaftlicher Erfolg ist auch 2023 machbar. Der kommerzielle Hörfunk in Deutschland ist mit zu wenig zufrieden und singt seinen eigenen Abgesang, anstatt sich zu professionalisieren und an den richtigen Stellen zu investieren. An x Stellen wird das Geld zum Fenster rausgeschmissen… überbordende Gewinnspiel-Budgets, teure Jingle-Pakete mit jährlich fälligen zusätzlichen Lizenzgebühren, zusätzliche DAB+ Produkte, die sich nicht refinanzieren können, weil es z.B. in Bundesland X schon drei etablierte Sender mit diesem Format gibt… die Liste der Geldverbrennung ist endlos…

Vielleicht genügen der Verzicht auf das neue Jinglepaket und ein Kürzen des Gewinnspielbudgets noch nicht für eine effektive Außenwerbungs-Kampagne. Aber das zusätzlich bereitgestellte Budget ist eine Investition mit Rendite.

Noch ein Zitat aus der Studie des FAW (Fachverband Außenwerbung) vom September 2022: „Dass OOH wirkt, sehen wir in unzähligen Grundlagenstudien für unsere Kunden“, erklärt Cornelia Krebs, Head of Media bei september. „Denn Menschen sind wie kleine Schwämme, sie saugen alles auf. Sind sie ,on the go‘, sind sie besonders ,on‘ – sie sind auf der Jagd, müssen ihre Umwelt unbewusst scannen, immer ,up to date‘ sein.“…In der Wahrnehmung nimmt Out of Home als Medium grundsätzlich eine Sonderstellung ein“. Weil sie zum Stadtbild gehört!

Jetzt müssen die Plakate oder Citylights nur noch funktionieren, um das eingesetzte Budget zu refinanzieren.

Aber das ist dann ein Thema für eine weitere Kolumne…

Herzlichst

Deine
Yvonne

Erschienen am 01. September 2023 auf www.radiowoche.de.