01.03.2014 – Co-Moderation ist eine wunderbare Form der Unterhaltung. Aber auch eine, deren Grundidee leider sehr oft falsch verstanden und damit ad absurdum geführt wird.
Falsch:
Zwei Moderatoren kabbeln sich ein wenig und sprechen abwechselnd über die Major Promotion, ein aktuelles Thema oder eine lokale Geschichte.
Zu den Top-Ten-Sätzen, die ich in meiner Rolle als Moderatorencoach leider oft wiederholen muss, gehört daher auch: „Co-Moderation ist nicht das abwechselnde (Vor-) Lesen von Texten“.
Richtig:
Ein Moderatorenteam und dessen Vorgesetzte(r) haben ein Konzept und ein Ziel für diese spezielle Doppelmoderation mit diesen Moderatoren in diesem Sender. Ein Konzept mit einigen immer gleichen Eckdaten.
Klingt selbstverständlich. Ist es aber leider nicht… deshalb hier einige Vorschläge für das Erarbeiten von Eckdaten für eine gelungene Doppel-Moderation.
Grundsätzliche Rollenverteilung:
- Gibt es einen Anchor? Oder sind beide „gleichberechtigt“?
- Wer hat welchen Redeanteil?
- Und die wichtigste grundsätzliche Frage: Wer hat welche Rolle?
Diese ergibt sich aus den wesentlichen (echten!! nicht ge-fake-ten!!!) Charakter- bzw. Persönlichkeitsmerkmalen.
Das Spielen mit den Rollen kennzeichnet die Show und gibt ihr „ein Gesicht“. Die Rollen und Charaktere sind der USP.
Charaktermerkmale:
- Wer hat welche wichtigen Charaktermerkmale?
- Wichtig dabei: Wie stehen die jeweiligen Charaktermerkmale im Verhältnis?
- Welche stehen im Vordergrund und werden kommuniziert?
- In welcher Reihenfolge werden die Charaktermerkmale kommuniziert?
Für den Anfang reichen drei bis fünf Charaktermerkmale. Nicht alle Eigenschaften eines Moderators eignen sich, um gleich zu Beginn einer neuen Show kommuniziert zu werden. Deshalb ist es wichtig, sich auf die entscheidenden Merkmale zu einigen und andere als „Add On“ später hinzuzufügen. Und zwar geplant!
Gegensätze:
- Welche wichtigen Gegensätze ergeben sich daraus?
- Welche wichtigen grundsätzlichen Meinungen und Haltungen ergeben sich?
Denn merke: nichts ist langweiliger als ein Moderatorenteam, das sich (fast) immer einig ist!
Gegensätze, Unterschiede und unterschiedliche Haltungen machen die Herangehensweise an Themen aus und können wirklich Spaß machen. Ein schönes Beispiel für eine Herangehensweise, die „anders“ ist, haben wir kürzlich bei einem Mann- Frau- Moderatorenteam umgesetzt: ER und SIE haben getrennt voneinander die Erotikmesse „Venus“ besucht – mit denselben „Stationen“ auf der Messe in derselben Reihenfolge…
Themenkompetenzen:
- Wer hat welche Themenkompetenz?
- Wem „gehört“ welcher Themenbereich?
- Wer hat eine echte Affinität zu Sport? Oder Kino? Oder dem sonntäglichen Tatort? Zu Autos und Technik?
Diese Themenkompetenzen dann auch bitte konsequent verfolgen und nicht aufweichen. Die einzelnen Protagonisten sollen ja nach einer gewissen Zeit „für etwas stehen“. Und das geht nur mit Konsequenz.
Regeln:
Welche Regeln für die einzelnen Breaks und Benchmarks ergeben sich aus:
- den Rollen,
- Charaktermerkmalen,
- Redeanteilen und
- Themenkompetenzen?
In der Praxis hat es sich als sinnvoll herausgestellt, jeden einzelnen Break einer Show diesbezüglich festzulegen. Wer steigt unter welchen Voraussetzungen in den Showopener ein, wer führt durch die Major Promotion, wer verkauft die Musik? Ist einer von beiden „das gute Gewissen des Senders“?
Es gibt immer Ausnahmen zu den Regeln. Für den Anfang sollten die wichtigen Eckdaten aber einmal sinnvoll festgelegt werden.
Der „Bruch in der Persönlichkeit“
Was ist schräg? Was ist bemerkenswert? Wo ist der Bruch?
Suchen Sie danach!!!
Wenn die Mode-affine, High-Heels-tragende, Handtaschensüchtige Frau des Zweier-Teams in ihrer Freizeit gerne auf den Schießstand geht oder boxt, ist das bemerkenswert und zeigt Ecken und Kanten. Ebenso wenn der Mega-Macho ganz weich wird, wenn es um Kinder geht. Etc.
Kommunikation der Persönlichkeitsmerkmale:
Welche Besonderheiten haben Sie bei den Charakteren gefunden und wie könnte man diese kommunizieren? Gibt es Benchmarks, die sich dafür eignen? Kann man Benchmarks, Themen, Aktionen, Stunts, Spiele etc. kreieren, die für die Kommunikation wichtiger Charaktermerkmale genutzt werden?
Bei allen Themen den persönlichen Zugang suchen – das hilft in der täglichen Arbeit, Persönlichkeitsmerkmale nebenbei zu kommunizieren. Persönlich ist immer besser als neutral. „Persönlich“ bleibt hängen, „persönlich“ ist emotionaler als neutral, „persönlich“ bietet Punkte zum Identifizieren und schafft damit Hörerbindung.
Und last but not least:
Was ist das Grundkonzept der Show?
Der amerikanische Morning- Show- Coach Steve Reynolds fragt in seinen Morningshow- Coachings für neue Shows gerne: „Was sollen die Hörer in einem Jahr über euch und die Show sagen?“. Ich habe diese Frage übernommen, weil sie die Beteiligten zum Nachdenken über die Grundausrichtung ihrer Sendung führt. Und wie schon eingangs erwähnt – das Konzept und das Ziel der Show sind der Beginn einer erfolgreichen Doppelmoderation.
Und wenn alle Eckdaten erarbeitet und alle offenen Fragen beantwortet sind, steht einer erfolgreichen und unterhaltsamen Doppel-Moderation nichts mehr im Wege!
Viel Spaß beim Umsetzen,
Ihre Yvonne Malak
Erschienen am 01. März 2014 auf www.radiowoche.de.