01.12.2015 – Eine sehr gute, in ihrem Sendegebiet sehr bekannte und beliebte Moderatorin bekommt für eine Tagessendung (keine Morningshow!) einen Co-Moderator. Nach zwei Jahren ist die Sendung – laut Hörerumfrage – unbeliebter denn je, steht vor allem für „unnötiges Gerede“ und die Imagewerte der bislang beliebten Moderatorin sind im Sinkflug. Die Doppelmoderation wird beendet. Das ist ein echtes Beispiel aus einem wettbewerbsintensiven deutschen Markt.

Warum ist diese Doppelmoderation gescheitert und hat dem Sender, der sich davon Nutzen erhoffte, nur Schaden gebracht?

Vermutlich aus denselben Gründen, aus denen alle Experimente dieser Art scheitern: zwei Moderatoren haben sich bei einem Thema, der Vorstellung einer Promotion, einem Pay Off etc. abgewechselt. Der Anchor hat dem Sidekick bzw. dem Co-Moderator auch etwas Raum gegeben und sich mit ihm Moderationen geteilt (bebliebte Aussage: „Ich wollte ihn/sie auch etwas sagen lassen…“). Ab und an hat man sich ein bisschen gekabbelt und der eine war für den Verkehrsservice zuständig, der andere für den Wetterbericht. Bei dieser Herangehensweise ist das Projekt „Doppelmoderation“ von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Wie alles in einem an Einschaltquoten orientierten Radioformat, braucht auch eine Doppelmoderation ein sinnvolles Konzept. Die Grundregeln dafür sind so alt wie die für (funktionierende) Morningshow-Settings:

Man hat zwei (oder mehr) Moderatoren, um unterschiedliche Sichtweisen auf Themen und damit unterschiedliche Zielgruppen abzubilden. Meist ist dabei einer der Anchor, der andere der ergänzende Co-Moderator. Warum Anchor? Um dem Hörer eine Orientierung und der Show einen klaren Rahmen zu geben. Klar gibt es auch funktionierende Doppelmoderationen nach dem 50:50 Prinzip. Aber auch dabei sind die Rollen und Themenkompetenzen klar und nachvollziehbar aufgeteilt. Der Familienvater spricht über das Thema Kinder und Schule, der weibliche Single über die coolsten Wochendevents in der Region. Einer verkauft die Majorpromotion, einer die Musik – jede Themenkompetenz entsteht dabei aus authentischen Merkmalen und Vorlieben der Protagonisten. Hauptsache, die Breaks klingen organisch und nicht konstruiert.

Total albern und für den Hörer weder nachvollziehbar noch sich positiv auf die einzelnen Moderatorenprofile auswirkend, sind z.B. abwechselnde Ansagen von Songs (beispielsweise im Showopener).

Wenn Moderatoren sich einfach nur mit Informationen abwechseln, werden sie nie ein Profil bekommen und für irgendetwas stehen.

Und wenn Moderatoren sich nicht daran gewöhnen, eindeutig für eine Sache zu stehen (oder eben nicht!), verwirren sie den Hörer und schaden ihren eigenen Imagewerten. So habe ich kürzlich bei einer Co-Moderatorin innerhalb weniger Tage einerseits gehört, dass sie Fußball hasst, andererseits hat sie drei Tage später im Showopener sehr kompetent über ein Spielergebnis vom Vorabend gesprochen. Wo soll ich bei dieser Moderatorin „andocken“, wie mich mit ihr identifizieren? Wie glaubwürdig ist sie? Wie ordne ich ihren Charakter ein?

Rollen müssen zunächst klar abgesprochen sein. Und das natürlich immer 100% authentisch. Machen Sie nie aus einem Fußballhasser einen Fußballfan und aus einer Turnschuh-Trägerin eine High Heel Fetischistin. Hörer spüren Fakes! Außerdem: in Zeiten von Facebook und Co sind Fakes sowieso nicht dauerhaft haltbar.

Rollen müssen unbedingt eingehalten werden. Und zwar immer. Aus diesen Rollen ergeben sich Themenkompetenzen, die ebenfalls einzuhalten sind. Aus diesen Kompetenzen und dem Grundkonzept der Show (einer führt oder beide sind gleichberechtigt) ergeben sich Regeln. Wer ist für die Major Promotion zuständig? Wer für die Facebook Postings? Wer eröffnet die Breaks, wer schließt sie?

Erst klare Rollen und Themenkompetenzen machen Moderatoren zu Persönlichkeiten. Das Einhalten dieser Rollen und Kompetenzen sowie der sich daraus ergebenden Regeln gibt dem Hörer Orientierung und kann dafür sorgen, dass eine Co-Moderation im besten Sinne unterhält und durch unterschiedliche Persönlichkeiten unterschiedliche Sinusmilieus spiegelt, folglich damit größere Zielgruppen erreicht.

Professionelle Co-Moderation entsteht organisch und klingt authentisch.

Unprofessionelle Co-Moderation wirkt unnatürlich. Wenn zwei Moderatoren sich beim Vorlesen von Texten abwechseln, hat das mit professioneller Doppelmoderation nichts zu tun… Aber 30 Jahre nach Einführung des Privatfunks in Deutschland und ebenso langer Professionalisierung des Hörfunks im kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Bereich sollten wir über alles Unprofessionelle sowieso längst hinaus sein…

In diesem Sinne: weiterhin viel Erfolg und alles Gute für 2016
Ihre
Yvonne Malak

Erschienen am 01. Dezember 2015 auf www.radiowoche.de.

Cover Erfolgreich Radio machenYvonne Malak
Erfolgreich Radio machen 2015,
320 Seiten, 25 farb. Abb., Klappenbroschur
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