03.07.2019 – Bei den Lokalrundfunktagen in Nürnberg durfte ich zusammen mit dem PSR-PD Torsten Birenheide einen Vortrag über „Die Macht der Morgenshow halten“.  Hier die Quintessenz:

„Wenn du willst, dass deine Hörer absolut loyal deinem Sender gegenüber sind, musst du ihnen als Mensch etwas bedeuten“
Tracy Johnson

Ich mag dieses Zitat, weil es genau beschreibt, was die eigentliche Power einer Morgensendung ausmacht: die Menschen, die den Hörern ans Herz wachsen bzw. im besten Fall so stark ans Herz gewachsen sind, dass sie zu ihrem morgendlichen Tagesablauf dazugehören.

Ich möchte mit drei – wie ich finde – anschaulichen Zahlenbeispielen beginnen:

Zuerst mit den Stundenreichweiten von zwei  Sendern mit funktionierenden Morgenshows. Beispiel 1 und 2 nenne ich namentlich. Beispiel 1 ist Radio Hamburg. Dort moderiert John Ment seit einem Vierteljahrhundert kontinuierlich eine erfolgreiche Morgensendung.

Sehen Sie sich die Stundenreichweiten an! Und achten Sie auf den Index.

Ein ähnliches Bild sehen wir bei  Radio PSR mit Steffen Lukas dem einzigen echten Radiostar in Sachsen, am Morgen.

Das heißt, die Morgensendungen haben einen erheblichen Anteil am Gesamterfolg dieser beiden Sender und Sie alle wissen:

Was Sie morgens an Hörer  nicht reinholen, können Sie tagsüber nicht halten.

Für die GFs unter Ihnen: Was Sie morgens nicht an Quote machen, können Sie tagsüber nicht an Umsatz generieren.

Zum Vergleich Zahlen eines Senders mit einer nicht funktionierende Morgenshow in Deutschland. Diese Show in diesem Sender (ohne Namen…) hat viele Wechsel hinter sich, keine nennenswerten Benchmarks und setzt nicht so stark auf Persönlichkeiten wie die anderen beiden Sender und Shows.

Was wäre wenn dieser Sender am Morgen genauso gut funktionieren würde, wie die anderen beiden Beispiele?

Würde dieser Sender mehr Geld verdienen? Ziemlich sicher…

Was brauchen Sie also für das Quotenflaggschiff – in Zukunft mehr denn je?

Personal – die richtigen PERSÖNLICHKEITEN,  passend zur Zielgruppe ausgewählt. Ja ich weiß – es ist schwer und es ist teuer. Aber – sehen Sie diese Ausgabe, diesen Posten im Budget als Investition mit Rendite

Als Grundsatz für  eine gelungene Immobilien-Investition sagt man  „Lage, Lage, Lage“. Übersetzen Sie diesen Grundsatz für Ihr Morgenshow-Invest wie folgt: „Anchor, Anchor, Co-Mods“.

Viele Sender sparen hier an der falschen Stelle. Ich verstehe nicht, warum sich einige Sender hier mit preisgünstigen Lösungen zufrieden geben, nur weil sie im Budget ERSTMAL gut aussehen. Mittelfristig ist es aber eine schlechte Investition. Und die Beispiele oben beweisen, dass das der absolut falsche Ansatz ist.

Und aus meiner Erfahrung mit dem Aufbau von Sendern kann ich Ihnen sagen, dass ein Sender erst dann seine maximal möglichen Quoten erreichen KANN, wenn die Morgenshow stimmt.

Warum wird das immer wichtiger?
Weil die Morgenshow eine der relevanten Inseln für das Radiohören bleiben wird:
Google arbeitet am individualisierten Radio, das automatisch Versatzstücke von verschiedenen Anbietern nach Ihrem persönlichen Geschmack zusammenstellen soll.

Sprachassistenten erzählen heute schon auf Aufforderung Geschichten oder Witze oder spielen mit entsprechendem Abo die Lieblingssongs.

Aber haben Sie Alexa oder Siri in ihr Herz geschlossen? Interessieren Sie sich für das Leben ihres Amazon Echo oder Google Smart Home? Teilen Sie mit Alexa das Genervt-sein vom  Ehemann, der die Dinge immer AUF die Spielmaschine stellt? Kann Alexa Ihnen Empathie entgegenbringen, wenn sie mit ihr sprechen? Kann Google Home eine Geschichte so erzählen, dass Sie Gänsehaut bekommen? Haben Sie Siri oder Alexa schon mal auf einem Event getroffen?

Der Unterschied und wichtigste USP für die Zukunft sind und bleiben also:
Die Menschen und die Zusammensetzung der Menschen innerhalb eines Morgenshowteams.

Das zusammen ist der Garant für die Relevanz des Radios. Was sind also die Basics für das Funktionieren einer Morgensendung, wenn sie nun die besten Leute an Bord haben? Zunächst der Aufbau der Show. Ich möchte das hier mit der Serie „The Big Bang Theory“ vergleichen.

Was macht diese Serie so erfolgreich?

  • sie ist ein USP innerhalb des Serienmarktes,
  • sie hat sympathische Stars mit denselben Problemen wie die Zielgruppe – mit Sorgen und Nöten rund um Liebe und Sex, Jobs und Freundschaften,
  • sie hat einen eindeutigen Plot, der sich aus der Zusammensetzung der Stars ergibt und
  • sie bietet unterschiedliche Sichtweisen auf Themen, die sich aus der Zusammensetzung der Stars ergeben.

Deshalb:
Gestalten Sie ihre eigene BBT!

Suchen Sie den USP im Markt innerhalb Ihres Formates. Überlegen Sie: Welche Besetzung macht Sinn? Einfach zwei Moderatoren zusammenzuwürfeln, weil die gerade da sind, macht nicht automatisch Sinn!!

Machen Sie eine Markt-Analyse!
Checken Sie: Was ist der Wettbewerb mit dem sie die meisten Wechselhörer haben? Welche Ausrichtung kann Erfolg bringen?

Als nächstes: Casten Sie Ihren Sheldon und / oder Leonard und ihre Penny.
Also: sympathische Persönlichkeiten mit denselben Sorgen und Nöten wie Ihre Zielgruppe und mit unterschiedlichen Sichtweisen auf Themen

Der Plot der Show ergibt sich dann ganz von selbst aus den Charaktermerkmalen Ihrer Moderatoren, den sich daraus ergebenden Themenkompetenzen und den sich wiederum hieraus ergebenden Kernthemen und Signature Benchmarks

Ein konkretes Beispiel: Markus Pürzer von Top FM sendet zusammen mit seiner Ehefrau Katharina – sie aus dem Heimstudio, er aus dem Studio im Sender und gelegentlich hören wir Söhnchen Ben. Der Titel der Show: „Familie Pürzer, Bayerns einzige Radiofamilie“. Das sind Persönlichkeiten mit einer Zusammensetzung, die im Format und im Markt Sinn machen und der Plot steckt hier schon im Namen. Schließen wir damit Hörer aus? Ja – vermutlich einige. Ist das schlimm? Nein! Denn diese Show steht für etwas. USP und Plot sowie Signature-Themen sind sofort klar.

Mit diesen ersten strategischen Überlegungen  – der Markt, die Persönlichkeiten, der Plot – haben Sie nun ein optimales Gerüst für eine Morgenshow, die erheblich zum Erfolg Ihres Senders  beitragen kann. Jetzt brauchen Sie nur noch den passenden Inhalt und Mut zur Lücke… was notwendig ist und was weg kann… das klären wir im nächsten Monat an dieser Stelle.

Bis dahin wünsche ich Ihnen einen schönen Sommer.

Ihre
Yvonne Malak

Erschienen am 03. Juli 2019 auf www.radiowoche.de.