01.07.2016 – „Die Pause ist dein Freund“ ist einer meiner meist gebrauchten Sätze in Moderatoren-Coachings. Gefolgt von: „Der Punkt ist dein Freund“ und (vor allem bei Morgenshow-Coachings) von „macht eines nach dem anderen“.

Was passiert im Gehirn des Hörers, wenn man durch eine Moderation ohne Punkt und Pause durchrast? Wenn man die ganze Zeit mit der Stimme oben bleibt und Sinnabschnitte akustisch nicht beendet? Man gibt dem Gehirn des Hörers das Signal: „da kommt noch was… Inhalt noch nicht beendet… Information wird fortgesetzt…“. Das führt am Ende zu einem Informations-Overkill, bei dem gar nichts hängen bleiben kann. Dabei ist es doch so einfach: am Ende eines Sinnabschnitts mit der Stimme nach unten und ab und an mal eine dramaturgische Pause machen – und jede Moderation wird verständlicher. Wer keine Pausen macht, kann übrigens gar nicht optimal betonen, kann nichts hervorheben oder besonders machen.

Wenn ich Moderatoren frage, warum sie so durch Moderationen rasen und keine Pausen machen, höre ich in der Regel zwei Antworten: „Ich soll mich doch kurz fassen“ und „ich hab ein schlechtes Gefühl, wenn nichts on air ist… ich will keine Sendelöcher produzieren“. Ich kontere dann immer mit Hörbeispielen – u.a. von Elvis Duran, Ryan Seacrest oder dessen früherer Co-Moderatorin Ellen K.

Liebe Moderatoren, hört euch mal diese großen internationalen Radiostars an. Sie alle haben eines gemeinsam: sie sprechen Punkte, machen deutliche Pausen und haben keine Angst vor „dead air“. Z100 in New York, KIIS FM in Los Angelos oder Radio 1 von der BBC – alles sehr hotte CHR Formate, allerdings mit „entspannten“ Moderationen, gerade am Morgen.

Dazu kommt bei einigen dieser Sender außerdem noch der Verzicht auf Musikbetten bei Talks in der Morgensendung. Wunderbar! So werden die Moderationen relevanter, ein zusätzlicher Nervfaktor entfällt und der Hörer hat viel bessere Chancen, das Gesagte auch wirklich zu verstehen. Dabei gelegentlich entstehende „dead air“ sorgt für zusätzliche dramaturgische Effekte und gibt den Hörern die Chance, das eben Besprochene zu verarbeiten, bevor die nächste Information an das Gehirn gesandt wird.

Den folgenden Fakt sollten sich alle Moderatoren im wahrsten Sinne des Wortes „hinter die Ohren schreiben“ ;-): Das Gehirn kann innerhalb von 10 bis 20 Sekunden nur sieben Informationseinheiten verarbeiten. Und diese Zahl gilt für aufmerksames Beschäftigen mit einem Thema (siehe den Unter-Artikel „Gehirn und Verarbeitung“ auf http://www.projectory.de/koreanisch/sprachenlernen/gehirn.html).

Genauso anstrengend zu hören und schwierig vom Gehirn zu verarbeiten wie „Dauerfeuer- Moderationen“ ohne Punkt und Pause sind chaotisch wirkende Team- Moderationen am Morgen. Selbstverständlich fällt in einem lebhaften Talk mal der eine dem anderen ins Wort. Die Regel sollte aber auch hier sein: eines nach dem anderen und einer nach dem anderen. Zumindest, wenn man möchte, dass nicht nur Spaß rüberkommt, sondern auch der Inhalt der Moderation beim Hörer ankommt. Spaß und Crew-Feeling kann man dennoch hervorragend erzeugen: indem man „mit dem Mikrofon arbeitet“ und aus dem Hintergrund kommentiert oder lacht. Und auch wenn mehrere Moderatoren gleichzeitig on air sind gilt: die Pause ist dein Freund!

Herzlichst,
Yvonne Malak

Erschienen am 05. Juli 2016 auf www.radiowoche.de.

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320 Seiten, 25 farb. Abb., Klappenbroschur
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